Schon nach den ersten paar Kilometern ändert sich die Landschaft und die Steppe wird
zunehmend zur Wüste. Linda belehrt mich, dass es höchstens eine HALBwüste sein kann, da noch hier und da ein vertrockneter Strauch zu sehen ist und die Definition von Wüste erst ab unter 10%
Vegetation anfängt.
Die Straße besteht aus losen schafkantigen Schottersteinen und obwohl sie auf den ersten Blick keine fahrerischen Ansprüche zu stellen scheint, merken wir bald, dass man auf dem Schotter schnell
ins Schlingern geraten kann. Wir fahren also lieber langsamer und genießen dabei den Ausblick auf die kargen Viehweiden.
Von weitem erkennen wir Adler die über der Straße kreisen. Als wir uns nähern, sehen wir ein gutes Dutzend über zwei frischen, auf der Straße liegenden, Emukadavern sitzen. Am Straßenrand steht noch ein weiteres Emu und betrauert seine kürzlich verstorbenen Freunde. Schade, dass es selbst hier draußen in der Wüste (Entschuldigung, HALBwüste natürlich) noch Tiere überfahren werden. Ich hätte auf dem losen Schotter jedoch auch kein abruptes Brems- oder Ausweichmanöver gewagt.
Nach 200km erreichen wir Oodnadatta zur Mittagszeit und verspeisen in dem berühmten Pink Roadhouse einen “Oodnaburger”. Die Stadt ist staubig und heiß. Auf einem gemalten Schild werden wir aufgeklärt an Australiens heißestem und trockenstem Ort zu sein. Man muss die Wüste (…Jaja, HALBwüste…) schon mögen müssen um es hier auszuhalten.
Ab hier führt die Straße nun neben dem Gleisbett der Old-Ghan-Eisenbahn entlang. Die zwischen 1890 und 1935 erbaute Strecke bekam ihren Namen, da sie der ursprünglichen Route der afghanischen Kameltreiber folgte. Seit 1980 ist die Eisenbahn stillgelegt und die Gleise, Brücken und Betriebsgebäude sind zunehmend dem Verfall ausgesetzt. Für uns bieten die zahlreichen Artefakte am Wegesrand eine abwechslungsreiche Kulisse für unsere Wüstenpassage (… ach, guckt einfach auf die Bilder und entscheidet selber…).
Kurz hinter einem trockenen Flusslauf entdecken wir ein Schild zu einem Wasserloch. In
den Schluchten, die wir bisher besucht haben, hieß Wasserloch immer plantschen und abkühlen. Genau das, was wir nach hunderten (Halb)Wüstenkilometern gebrauchen können! Voll Vorfreude schwinge
ich mich aus dem Auto und höre Lindas Warnung nur noch mit einem Ohr. Keine 30 Sekunden später stecke ich bis zum Schienenbein im Matsch und falle Rücklinks auf den Allerwertesten. Grade noch
kann ich mich durch Rückwärtsrobben aus dem Matsch befreien, muss jedoch bei über 50°C Bodentemperatur schmerzlich feststellen, dass mein linker Flipflop nun 40cm tief vergraben, und damit in
unerreichbare Entfernung gerutscht ist.
Mit frisch Fango-behandelten Füßen kehre ich ohne Schuhe und etwas kleinlaut zu Linda zurück, und ertrage mit der Ruhe eines Thors die kommentarreiche 100km Autofahrt zur nächsten Dusche.
Diese steht in William Creek (Einwohnerzahl 12), einem Ort der aus einem Pub besteht, zu dessen einer Seite sich ein staubiger Campingplatz, auf der Anderen ein nicht minder staubigeres Flugfeld befindet. Die Wirtin ist auch gleichzeitig Pilotin und weiß einiges über Köderabwürfe aus der Luft zu erzählen. Der Pub hat innerhalb eines Radius von 200km die einzige Lizenz zum Alkoholverkauf und bietet dank angeschlossenem Flugfeld Australiens einzigen Fly-through-Bottleshop.
Am nächsten Tag frischt der Wind auf und man kann kaum das Auto verlassen ohne gesandstrahlt zu werden. Auf der Fahrt passieren wir allerlei Kuriositäten: Erst entdecken wir mitten in der Mondlandschaft einen grün bewachsenen Hügel, in dessen Krater eine kleine Quelle entspringt. Diese unterirdischen Wasservorkommen, die die alte Kamelroute erst möglich gemacht haben, wirken völlig deplatziert inmitten des Sandsturms.
Kurz darauf passieren wir etwas, das aus der Ferne wie ein riesieger metallischer Hund aussieht. Als wir uns nähern erkennen wir, dass der Kopf des Hundes ein Autowrack ist, das an einer langen Stange an einem Wassertank für Dampfloks befestigt wurde. Ein paar alte Schienen als Schwanz runden die überdimensionierte Skulptur ab. Auf den nächsten Kilometern finden wir einen ganzen Park aus einsam in der Wüste stehenden Skulpturen. Da hatte wohl jemand viiieeel Zeit…
Nach über 600km passiert dann doch noch das fast Unvermeidliche: Der Hinterreifen ist platt. Schnell kramen wir unser Ersatzrad heraus und stellen fest, dass es viel größer ist als die restlichen Reifen. Mist… Aber glücklicherweise haben wir das Ende der Wüste erreicht, und das nächste Dorf ist nur ein paar Kilometer entfernt.
Der dortige Mechaniker erkennt schnell, dass wir ihm hilflos ausgeliefert sind und verkauft uns einen neuen Reifen zu einem gepfefferten Preis von 300 Dollar. Das ich das Rad selbst abschrauben muss, obwohl er in der Werkstatt Luftdruckwerkzeug hat, trägt meiner Sympathie ihm gegenüber nicht viel bei. Auch der Aufdruck auf seinem T-Shirt “Schadenfreude Motors” kommt bei uns in Anbetracht der Situation nicht als lustig rüber. Als er mir dann nicht mal einen Wagenheber leihen möchte um das prall aufgepumte Rad wieder ordentlich zu befestigen, platzt mir beinahe der Kragen. Laut fluchend machen wir uns aus dem Staub, und nehmen uns vor, schnell in die nächste Weinanbau Region zu fahren, um unseren Frust mit den lokalen Erzeugnissen etwas zu mildern…
(Weitere Bilder gibt es hier!)